Sätze, die man als "Künstler" immer wieder zu hören bekommt
Nachfolgend ein paar Antworten von mir auf Sätze, die man als "Künstler" immer wieder zu hören bekommt. Oft von Leuten, die gerade damit anfangen, Künstler sein zu wollen oder denken, irgendwo auf ihrem Weg festzustecken.
Ich schreibe hier eiskalt ehrlich. Ich kann jemand für dich sein, der sich dein Geheule anhört und deinen Kopf tatscht, aber in diesem Artikel mache ich das nicht. Denn heute will ich dich weiterbringen und dich aus deinem Jammerschlamm herausziehen, in den rauen Wind der Tatsachen. Wenn du noch nicht so weit bist, dann hör jetzt auf zu lesen, machs dir in deiner warmen Grube gemütlich und komm später wieder vorbei 🙂
"Das würde ich auch gern können."
Echt? Glaub ich dir nicht. Denn warum sagst du dann nur "würde" und nicht "will"? Aber gehen wir doch mal davon aus, deine Aussage ist ernst gemeint. Die Antwort darauf ist immer gleich:
Kannst du doch.
Du kannst zeichnen. Tu es einfach. Nimm einen Stift und fahr damit übers Papier. Tada, jetzt zeichnest du. Genau, das ist Zeichnen! Jeder kann das. Und wenn du gut zeichnen willst, dann must du es nur lernen und vor allem tun. Zeichne einfach gut.
"Wie lernt man, so zu zeichnen?"
Indem du die Grundlagen kennst und es tatsächlich tust. So in echt, nicht nur in Gedanken. Damit meine ich:
Hör auf, das hundertste Buch darüber zu lesen!
Malen und Zeichnen lernt man, indem man es tut. Das ist der ganze Trick. Mehr Geheimnisse gibt es nicht. Du musst nicht bei Vollmond irgendwo nackt herumtanzen und Zeichengeister beschwören.
Selbst Tutorials anschaun bringt dir nur wenig, wenn du nicht auch gleichzeitig den Pinsel oder Stift in die Hand nimmst und es einfach endlich machst.
Das bedeutet nicht, dass Bücher und Tutorials übers Zeichnen hinderlich sind. Klar ist Grundlagenwissen gut, aber du musst es auch anwenden. Und das nicht im Sinne von "Mach nach, was andere machen". Schritt für Schritt ein Bild nachzumalen, bringt dir nur eine sinnlose Kopie. Lerne stattdessen, selber Bilder zu erfinden. Lerne Anatomie, perspektivische Darstellungen, die Physik von Licht- und Schatten. Dann hast du ein gutes Grundwissen, um zu beginnen und kannst von Grund auf noch nie dagewesene Motive erschaffen. Aber beginne damit, jetzt, belasse es nicht bei der Theorie.
Tipp: Und nein, einmal im Monat schnell ein Bild krizzeln reich nicht. Wenn du ein normaler Mensch bist, ist deine Lebenszeit zu kurz, um mit dieser Zeichenfrequenz vor deinem Tod auch nur ein halber Meister zu werden. Es macht nicht Klick und dann kannst du es. Du brauchst Zeit dafür und die musst du dir nehmen, wenn du es tatsächlich lernen willst.
Beachte dabei: Es gibt einen Unterschied zwischen etwas lernen wollen und etwas können wollen.
"Aber ich hab kein Talent."
Mimimi. Brauchst du nicht. Hab ich auch nicht. Talent hängt meiner Meinung nach absolut nicht damit zusammen, ob du Zeichnen kannst oder nicht. Jemand, der diese Aussage macht, hat eine völlig falsche Vorstellung davon. Denn ein super talentierter Künstler wird man nicht über Nacht. Übersetzt heißt der Satz "Ich hab kein Talent." eher sowas wie "Ich würd gerne Zeichnen können, will aber nichts dafür tun!".
Du willst also Zeichnen können, aber nicht zeichnen? Klingt unlogisch.
Darum mach es einfach. Hab Geduld und erwarte nicht, dass du nach hundert Bildern schon aus der Anfänger-Phase raus bist. Auch nach 10.000 Bildern kannst du dich noch immer verbessern oder deinen Stil verfeinern. Beginne auf einem einzigen Blatt Papier. Dann mach ein Skizzenbuch voll. Dann das nächste. Dann noch eins. Und noch eins. Ein ganzes Regal.
"Wenn es kein Talent gibt, warum lernen manche es dann so schnell?"
Hinter dem Begriff "Talent" steckt immer Übung, Arbeit und viel Zeit. Und ja, es stimmt, manche Künstler sind schneller, andere langsamer. Wie erklärt sich das, wenn nicht durch Talent? Ganz einfach, Menschen die Dinge schneller lernen, haben entweder einen guten Grund und setzen daher ihre Lernzeit effizienter ein oder sie haben diese Dinge eben bereits einmal gemacht.
"Was meinst du mit bereits gemacht?"
Ich habe kein Talent. Es verwundert mich, wenn jemand das behauptet. Dennoch kann ich einige Dinge ziemlich schnell lernen. Das liegt nicht daran, dass ich dieses magische Talent besitze. Es liegt daran, das ich das einfach seit Jahren mache. Seit sehr, sehr vielen Jahren, länger als ich aktuell in diesem Körper lebe.
Ich glaube, manchen gelingt es besser, weil sie es bereits davor einmal gelernt haben. Wenn jemand in einem vorherigen Leben bereits gezeichnet hat, lernt er es im aktuellen Leben etwas schneller und tut sich leichter damit. Das ist aber kein Talent, sondern Arbeit, die derjenige bereits in einem anderen Leben geleistet hat. Er hat den Lernprozess dann bereits durchlaufen. Nicht jeder erinnert sich bewusst daran.
Es bleibt dir also nichts übrig, als es zu lernen, wenn du es können möchtest. In diesem Leben. Oder im nächsten. Oder irgendwann.
"Dafür hab ich doch gar keine Zeit!"
Falscher Zusammenhang. Zeit hat man immer. Dieser Satz heißt übersetzt daher: Die Priorität des Zeichnens ist für dich zu niedrig.
Für anderes Zeug, für das die Priorität bei dir offensichtlich höher liegt, hast du nämlich Zeit. Du kannst Kekse essen. Du kannst Computerspiele spielen. Du kannst Serien suchten. Putzen. Kuchen Backen. Du hast dir sogar die Zeit genommen, jetzt gerade mein Geschreibsel hier zu lesen. Erwischt! Wieso tust du das? Stattdessen hättest du auch krizzeln können.
Also wenn du so etwas sagst, dann willst du eigentlich gar nicht zeichnen. Und das ist völlig okay. Wenn du es wirklich wollen würdest, dann würdest du dir dafür nämlich die Zeit schaffen, es zu tun. Du würdest die Priorität vor andere Dinge setzen, die aktuell Zeit in deinem Leben beanspruchen.
Du willst es wirklich? Dann lies dich in die Techniken ein, beschäftige dich mit Künstlermaterial und horte es nicht nur, sondern nutze es! Fang endlich an zu üben und skizzieren und malen und zeichnen. Hör auf, Ausreden zu erfinden. Stopf dein keine Zeit Gebrabbel in den Mixer und zeichne! Male. Was auch immer. Jetzt. Sofort.
"Meine Bilder sind super, aber keiner mag sie kaufen."
Echt, super? Warum kauft sie dann keiner? Die Wahrheit? Deine Bilder sind vermutlich scheiße. Dir fehlt nicht Talent, sondern die richtige Technik, Wissen und Erfahrung, wie du Material richtig anwendest oder schlicht und einfach: Übung.
Diese Frage zeigt eigentlich, dass du kein Künstler werden willst, sondern Verkäufer. Denn sonst würdest du z. B. Kritik suchen und lernen, damit umzugehen. Du würdest Kritik richtig lieben! Du würdest nicht sagen, dass deine Bilder super sind, sondern dich trauen, andere zu fragen, was an deinen Bildern nicht passt und nach Tipps suchen, um dich zu verbessern. Du würdest auch nicht einschnappen, wenn jemand dein Zeug blöd findet, im Gegenteil: Du würdest dich darüber freuen und darin eine Möglichkeit sehen, endlich rauszufinden, was du ändern kannst.
Hör auf, immer das gleiche langweilige drölfzigtausendste Kitschmotiv abzuzeichnen, wie Millionen andere vor dir. Sei kreativ und denk dir andere Motive aus mit Geschichten dahinter und nutze neue Farben und Material.
Nein, das war's nicht? Du willst stattdessen wirklich Bilder verkaufen?
Dann verkauf Bilder! Im Ernst, das ist cool. Du kannst so ein guter Verkäufer sein, der sogar schlechte Bilder unter die Leute bringt oder das drölfzigtausendste Kitschmotiv. Das geht, dafür musst du keine Jahre in Zeichenübungen verschwenden, steck deine Energie lieber ins Lernen von Verkaufstechniken, Präsentation und Geld verdienen.
Die Bilder dafür musst du nicht einmal selbst gemacht haben. Schnapp dir ein paar Künstler und verkauf für sie deren Bilder. Das bringt dir mehr Befriedigung, wenn deine Priorität wirklich im Bilder-Verkaufen liegt. Aber wenn du zeichnen willst, dann zeichne!
Setze dir dein Ziel: Willst du ein guter Künstler werden oder ein guter Verkäufer? Und sicher, du kannst auch beides sein. Aber nur, wenn du dich der Wahrheit stellst:
"Alles, was ich zeichne, sieht doof aus."
Fall 1: Stimmt nicht, du machst eigentlich ziemlich geile Bilder.
Das scheint mir eine weit verbreitete Künstlerkrankheit zu sein, die da heißt: Mangelndes Selbstbewusstsein oder ein verzweifeltes Ringen nach Zuspruch, weil du erwartest, dass die Leute dir widersprechen.
Du malst coole Bilder? Dann steh dazu und sei verdammt noch mal stolz auf dich! Diese Mitleidsmasche nervt. Du bist ein Künstler, du kannst zeichnen und du weißt das ganz genau! Du willst es nur von anderen hören, also behauptest du, dein Zeug ist doof. Fühl dich mal ordentlich durchgeschüttelt und hör auf mit der Mimimi-Scheiße. Oder ist dir folgende Antwort lieber: "Ja stimmt, hast recht, ist alles doof, was du zeichnest."?
Und wenn du deine Bilder tatsächlich selbst doof findest, mach was dagegen!
Fall 2: Stimmt, deine Bilder sehen wirklich doof aus.
In diesem Fall vermute ich, du willst gar nicht zeichnen, sondern nur jammern. Wenn das was du zeichnest wirklich doof ist, dann kannst du das ändern. Du musst dafür aber die Priorität vom Jammern aufs Ändern verschieben. Also los. Ändere die Priorität, schnapp dir Stifte und erstell das Bild noch einmal. Erstell es besser. Und dann noch mal. Noch besser. Und noch mal. So lange, bis es nicht mehr doof ist.
Lerne Neues und baue deine Fähigkeiten weiter aus. Das würde ein guter Künstler tun. Willst du einer sein? Dann sei einer. Oder erwartest du, dass irgendein Magier daherkommt, "Hex hex" ruft und dann sind deine Bilder cool? BÄMM! Da bläst dich der Wind um. Das wird nicht passieren. Denn: Du bist der Magier! Du musst den Pinsel schwingen und dabei "Hex hex" rufen.
Du wolltest doch malen, oder? Oder? Oder nicht?
Geht es dir vielleicht nur um das fertige Bild?
Jetzt kommen wir deinem Problem vielleicht näher. Frag dich Folgendes: Willst du wirklich malen/zeichnen? Und antworte jetzt nicht vorschnell mit: "JA!".
Manche Künstler sind so auf das Ergebnis fixiert, dass es gar nicht mehr um das Erstellen des Bildes geht. Ist es nicht eher so, dass du eigentlich nur ein cooles Bild fertig erstellt haben möchtest? Willst du das Ergebnis mehr, als den Weg dorthin? Geht es dir wirklich um den Prozess des Erstellens an sich oder interessiert dich nur das fertige Kunstwerk?
Fertige Kunstwerke sind super. Man darf stolz auf sie sein. Man kann damit angeben. Man kann sie eintauschen. Verschenken. Verkaufen. Man kann sie auch zerreißen. Verbrennen. Zusammenknüllen und andere damit bewerfen.
Also, warum zeichnest du? Und macht dir das überhaupt Spaß? Oder falls du noch nicht damit angefangen hast: Warum willst du zeichnen lernen? Womit ich zur Hauptfrage komme, die man sich stellen sollte, die wichtigste von allen:
Was ist dein Ziel?
Gründe zum Malen und Zeichnen
Ich will Anerkennung und Beachtung.
Das funktioniert tatsächlich. Dafür muss man nur richtig gut sein. Wenn das deine Gründe sind, warum du einen Stift in die Hand nimmst, brauchst du großes Durchhaltevermögen. Denn der Weg dorthin ist lang. Ist es dir das wert? Dann los, fang an zu malen, auch wenn es dir keinen Spaß macht.
Hast du diese Wahl getroffen, dann hör auf zu jammern und hol dir genau das, was du haben willst, mit viel Übung und Können, das du dir auf einem für dich sehr beschwerlichen Weg aneignen musst. Werde richtig gut und gelange so an oben genanntes Ziel.
Ich will Geld verdienen.
Viel Erfolg dabei. Kleine Warnung: Allein mit dieser Motivation wirst du kaum bewegende Bilder zustande bringen. Hör am besten auf, meinen Blog zu lesen, denn was du brauchst, werde ich dir hier nicht beibringen. Nutze die Zeit lieber dafür, zu lernen, wie man sich präsentiert. Es ist dafür völlig egal, was du malst oder wie gut du zeichnest, dein Ziel ist umsetzbar. Auch wenn es mit anderen Dingen leichter ginge als mit Kunst.
Suche dir vielleicht auch jemanden, der dich vermarktet, Kontakte hat und deine Kunst (wenn du es so nennen willst) und dich verkauft. Du schaffst das, davon bin ich überzeugt.
Ich will coole Bilder haben.
Du zeichnest also wegen dem Ergebnis. Ich glaube, das tun viele, vielleicht sogar die meisten.
Das ist zum Teil auch meine Motivation, weshalb mir der Weg dorthin manchmal keinen Spaß macht, bis ich mich an etwas erinnere: Möchtest du tatsächlich, dass die Geschichte zu Ende ist oder willst du lieber direkt in die Geschichte eintauchen, sie erleben?
Willst du zeichnen, dann zeichne. Willst du nur ein perfektes, fertiges Bild haben, dann empfehle ich: Mach stattdessen ein Foto. Oder frag eine KI. Geht schneller. Und du sparst dir eine Menge Nerven.
Ich zeichne, weil es mir Spaß macht.
Vielleicht erwartest du jetzt herzliche Glückwunsche und jemanden, der dir sagt, du machst alles richtig. Nun, es gibt kein Falsch.
Es gibt nur Gründe, die dich glücklich machen und welche, mit denen du bei der Tätigkeit, Kunst zu erschaffen, weniger glücklich sein wirst. Gründe, die andere nerven, weil sie dein Mimimi ertragen müssen, Gründe, die dich richtig motivieren, deine Kunst-Projekte durchzuziehen und auch Gründe, die vielleicht absolut keinen Sinn ergeben.
Talent ist dir egal? Perfekt! Spaß am Malen und Zeichnen zu haben, ist wohl der wahrscheinlich motivierendste Grund, es zu tun.
Mein persönlicher Grund: Geschichten.
Ich gestehe: Einen Großteil, der sich Kunst schimpft und in Ausstellungen hängt oder versucht wird zu verkaufen, finde ich hässlich. Malen und Zeichnen mag ich tatsächlich oft überhaupt nicht.
Aber ich liebe die Möglichkeit, damit Welten zu finden. Es gefällt mir, wie Charaktere mit noch mehr als nur Worten, physisch sichtbar werden. Und dadurch auch gefühlt lebendiger. Und diese Möglichkeit nutze ich wahnsinnig gern für meine Geschichte: