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Comic auf Kakaokarten zeichnen: Murphys Gesetz für Zeichner

Der Comic auf Kakaokarten sowie dieser Erfahrungsbericht mit Tipps entstand 2015 und wurde 2024 ergänzt. Das Drumherum interessiert dich nicht? Dann springe hier direkt zum Comic: Kapitel 1 (Die Melone)

Entstehungsprozess vom Comic auf Kakaokarten

Diesen Comic auf Kakaokarten habe ich ganz schnell und simpel gezeichnet. Mein Ziel war es nicht, perfekt zu zeichnen oder eine perfekte Story zu entwerfen, sondern einen Comic FERTIG zu bekommen. Den Entstehungsprozess dokumentierte ich für dich mit. Er soll dir helfen, auch einen Comic zu zeichnen.

Comic auf Kakaokarten: magie - murphys gesetz für zeichner - sockenzombie

Schritt 1 – Ideensammlung

Zuerst brauche ich eine Story. Wo bekommt man die her? Ich beginne einfach mit einem Ort und einer Hauptperson. Die folgenden zwei Begriffe hat mir mein Zeichner-Ideen-Generator dazu ausgespuckt:

  • Tierpark
  • weiblich 21 Jahre, Automatenbefüller

Ich überlege mir einen Namen für sie: Magie. Den wird zwar später nie jemand lesen, da es ein reiner Bildercomic wird, aber zum Zeichnen finde ich das persönlicher.

Jetzt stelle ich mir Fragen und schreibe mögliche Antworten auf, um ein paar mehr Infos zu erhalten. Es ist dabei nützlich, wenn man sich immer wieder fragt, was niemand erwarten würde, denn dann kommen ganz ungewöhnliche Dinge dabei heraus.

Warum befindet sich Maggie im Tierpark?

  • Sie will dort Tiere zeichnen
  • Sie will sich dort mit jemandem treffen
  • Ihre Schatzkarte führt sie dort hin
  • Sie arbeitet dort als Automatenbefüllerin von Tierfutterautomaten

Was könnte schief gehen?

  • Ein Tierfutterautomat wird kaputt
  • Sie bekommt einen Stromschlag
  • Sie trifft auf einen Menschen, den sie nicht mag
  • Ein Tier entkommt und frisst sie auf
  • Ihre Zeichensachen fallen ins Gehege
  • Es fängt an zu regnen / Unwetter
  • Sie wird entführt
  • Ihr fällt eine Melone auf den Kopf
  • Jemand spielt ihr einen Streich
  • Sie rennt jemanden um
  • Sie wird als Automatauffüller gekündigt
  • Sie verletzt sich an einem Tierfutterautomaten
  • Ein Vogel kackt ihr auf den Kopf
  • Ein Kind dreht durch und befällt sie wie ein Zombie

Jetzt geht’s ans Auswählen und Streichen. Die langweiligen Ideen werden gestrichen und die coolen weiter ausgearbeitet. Durch das Festlegen von Zeit und Wetter bekommt der Comic auf Kakaokarten außerdem mehr Tiefe. Danach schreibe ich die Geschichte auf. Dabei füge ich immer wieder Neues hinzu und streiche Dinge raus. Am Ende sieht mein kurzer Text so aus:

Titelbild: Magie mit Zeichenzeug und ihren gezeichneten Bildern im Hintergrund
Es ist ein schöner, sonniger Sommertag. Eine Familie macht auf einer Brücke im Tierpark Pause. Dabei rollt einem Kind die Melone weg und fällt Maggie auf den Kopf, die gerade unten durch geht. Alles wird schwarz.

Es ist plötzlich windig. Maggie schleppt einen Sack Tierfutter am Giraffengehege vorbei. Düstere Wolken ziehen auf. Ein Futterautomat ist kaputt, sie versucht ihn zu reparieren. Erste Regentropfen fallen. Sie wird vom Blitz getroffen. Ein Kind dreht durch und brüllt wie verrückt und ein anderes befällt sie wie ein Zombie.

Maggie wacht auf und das Wetter ist wieder schön. Sie liegt am Boden, ihr Zeichenzeug um sie herum und die Melone ist kaputt. Sie hat Kopfschmerzen und arbeitet auch nicht als Tierfutterautomatenbefüllerin, alles nur geträumt. Maggie steht auf und geht. Im Hintergrund sieht man das Zombiekind vorbei schleichen, war es also doch kein Traum?

Fertig. Leider hab ich den Vogel vergessen, der ihr auf den Kopf kackt. Aber das macht nichts, der kommt in eine andere Geschichte rein. Es ist nur eine Kurzgeschichte und ich möchte nicht zu viel Zeit mit überarbeiten verbringen, das führt bei mir oft dazu, dass ein Projekt so umfangreich wird, dass ich es nie vollenden kann. In diesem Fall will ich einfach mal was fertig schaffen.

Zeitkonto: 1 Stunde für die Story.

Schritt 2 – Aussehen des Hauptcharakters

magie - skizze - murphys gesetz für zeichner - sockenzombie

Ich überlege mir, wie Maggie aussehen soll. Da ich die Geschichte möglichst kurz zeichnen möchte, soll sie nicht zu kompliziert sein. Etwas, was ich schnell zeichnen kann. Mehr als eine Skizze ist hier auch nicht nötig, die genaue Ausarbeitung findet später bei der Coloration statt.

Als Erstes lege ich fest, wie viele Köpfe Maggie groß ist: 7 Stück. Ich zeichne ihre Proportionen mit blauem Stift vor. Dabei lege ich fest, wie die Proportionen in ihrem Gesicht aussehen (Augenform, Nase, Mund) und gebe ihr eine schnell zu zeichnende Frisur. Die Geschichte ist kurz, ich möchte nicht mehr als 12 Bilder dafür. Also braucht sie keinen kompletten Kleidungsstil, sie wird ihre Klamotten nicht wechseln, eine Garnitur reicht aus. Aber eine Tasche für ihr ganzes Zeichenzeug braucht sie. Maggie soll ja eine Künstlerin werden. Am Ende zeichne ich dann alles mit normalem Bleistift nach, um noch ein paar Kleinigkeiten auszubessern. Fertig. Alle anderen Charaktere erfinde ich später direkt beim Storyboard.

Zeitkonto: Für die Charakterskizze hab ich eine halbe Stunde gebraucht.

Schritt 3 – Bildaufteilung

Da ich meinen Comic auf Kunstkartengröße zeichne, muss ich mir keine Gedanken über die Seitenaufteilung machen. Jedes Panel ist gleich groß und viereckig.

Für die Bildaufteilung zeichne ich mir ein paar Panels auf billigem Kopierpapier ein. Anschließen verteile ich den in Schritt 1 entstandenen Text. Dafür reichen ein paar Stichworte, was auf welchem Panel zu sehen sein soll.

Zeitkonto: 1/2 Stunde

Schritt 4 – Vorzeichnung

Dieser Schritt dauert am längsten. Zuerst skizziere ich alles mit dem blauen Stift. Anschließend wird mit dem Bleistift verbessert und überarbeitet. Die Bilder sehen dann schon fast so aus, wie sie später einmal sein sollen und ich verwende sie als Vorzeichnung für die Lines.

Hier kannst du ein paar der fertigen Skizzen sehen:

Comic auf Kakaokarten: Skizzen - skizzen murphys gesetz für zeichner - sockenzombie

Zeitkonto: 5 Tage für alle 11 Karten

Schritt 5 – Lines

Im nächsten Schritt benutze ich meinen selbst gebauten Leuchtkasten und zwei sehr dünne Liner. Dafür klebe ich die Vorzeichnungen alle zusammen mit Klebeband unter ein Plotterpapier. Plotterpapier ist sehr glatt und man kann darauf schnell feine Linien zeichnen.

Über den Vorlagen fange ich dann an, die Karten zu linen:

leuchtkasten - lines - sockenzombie - Comic auf Kakaokarten

Zeitkonto: 1 Tag

Schritt 6 – Titelbild

titelbild zwischenschritt - sockenzombie - murphys gesetz für zeichner

Die Titelkarte soll farbig werden. Dafür lege ich mir die Vorzeichnung auf den Leuchtkasten und klebe drüber ein Aquarellpapier. Jetzt kann ich darauf direkt mit Farbe malen, ohne Outlines.

Die Karte ist, wie alle anderen auch, genau 6,4cm x 8,9cm groß.

Zeitkonto: 1 Tag für Skizze und Coloration

Ergebnis – Kapitel 1: Die Melone (Kurzcomic)







Wie ich heute über diesen Comic auf Kakaokarten denke (Nachtrag 2024)

Murphys Gesetz für Zeichner war auf mehrere Kapitel ausgelegt, wobei jedes Kapitel eine abgeschlossene Geschichte darstellt. In jeder dieser kurzen Geschichten sollte möglichst viel schief gehen für die Zeichnerin Maggie. Ich möchte, dass du in meinen Artikeln etwas lernst. Das heißt vielleicht auch Fehler zu vermeiden, die ich machte. Darum nachfolgend ein paar Dinge, die dazu führten, dass ich diese Form des Comics damals nicht weiter verfolgte.

Qualität ist wichtiger als Dinge fertig zeichnen

Es ist schön, etwas fertig zu schaffen. Einmal so was zu machen ist sinnvoll. Einfach zur Motivation und um festzustellen, man kann es. Sinnlos ist es, nur noch zu zeichnen, um etwas fertig zu bekommen. Denn mit dem Ergebnis kann man leider kaum was anfangen, wenn es keine verwertbare Qualität aufweist. Und die Qualität von meinen üblichen Kunstkarten ist bei dem Comic hier einfach nicht gegeben.

Keine langweiligen Geschichten

Ich mag die Idee, die dahinter steckt heute noch immer. Aber sie zog mich nicht so sehr rein, dass sie mich motiviert hätte, weiter zu machen. Bei einer guten Geschichte vergesse ich zu essen und zu schlafen. Ich will sie unbedingt schreiben und schreibe gern daran. Hier allerdings klappte das nicht. Ich hatte zwar noch einige Ideen für weitere Kapitel, aber keine Lust sie zu zeichnen. Denn die Geschichte ist schlicht langweilig.

Der Charakter ist zu flach

Gute Geschichten schreiben sich von selbst. Das tun sie aber erst, wenn die Charaktere darin lebendig sind. Der Charakter hier erhielt zwar ein paar Eigenschaften, aber das genügte nicht. Er fesselte mich nicht genug. Und wenn ich als Autor schon nicht überzeugt bin, dann ist es ein Leser erst recht nicht. Der Charakter hätte viel mehr Hintergrund gebraucht und Dinge, die ihn interessanter machen. Dinge, die dazu führen, dass man mit ihm mitfiebert und mehr über ihn erfahren möchte.

Der Comic auf Kakaokarten ist zu unverständlich

Auch wenn ich stolz darauf bin, es abgeschlossen zu haben, wirkt das Ergebnis nicht ganz stimmig. Die Bilder sind zum Teil ganz süß, aber ohne Text versteht man vieles nicht, was hier überhaupt passiert. Es hätt noch mehr erklärender Panels gebraucht oder ein paar Worte. Alles wirkt etwas konfus und undurchschaubar. Der Betrachter fragt sich, was hier eigentlich passiert, kann diese Frage allein durch die Bilder nicht beantworten und kommt dann nicht richtig mit.

Schwarz/weiß in Kartenform gefällt mir nicht

Für Artist Trading Cards sind farbige Bilder besser geeignet, da jedes für sich ein eigenes Kunstwerk darstellt. Ohne Farbe wirken die Bilder einzeln betrachtet unfertig. Ich habe mich später auch an einem farbigen Comic auf Karten versucht, musste diesen aber ebenfalls aus verschiedenen Gründen abbrechen. Farbige Bilder zu malen dauert sehr lang, man muss viel mehr Zeit investieren. Die Geschichte hier erschien mir aber zu unbedeutend für farbige Bilder.

Fehlende Zeit zum Zeichnen

Um eine Geschichte zu entwickeln, braucht man keine Zeit. Ich jedenfalls nicht. Wenn sie gut ist, entwickelt sie sich selbst. Tut sie das nicht, ist sie es nicht wert, weiter verfolgt zu werden. Muss ich mich zwingen, die Handlung weiter voranzutreiben, dann ist die Geschichte schlecht. Wofür man allerdings Zeit und Fokus braucht, ist die Umsetzung der Geschichte. Das Aufschreiben und das Zeichnen. Und diese Zeit hatte ich damals nicht. Nicht für diese Geschichte. Um dieser Geschichte mehr Zeit zu schenken, hätte sie einer höheren Priorität bedurft. Was mich zum nächsten Punkt führt:

Voller Fokus auf ein Projekt

Wenn man so viele Ideen und andere Dinge gleichzeitig im Kopf hat wie ich damals, kann man sich nur schwer auf eine einzige Geschichte konzentrieren. Gleichzeitigkeit und geteilte Aufmerksamkeit führt dazu, dass man weniger Energie in diese eine Sache steckt. Und das merkt man am Ergebnis. Um etwas richtig Gutes zu schaffen, muss man 100% geben. Das klappt nicht, wenn andere Dinge wichtiger sind. Es bedarf voller Konzentration auf eine einzige Sache. Ablenkungen durch die tausend anderen Punkte auf einer Todoliste sind nicht akzeptabel. Du musst sie also streichen oder in der Lage sein, sie komplett ausblenden zu können.

Regel Nummer eins für gute Geschichten:
Ganz oder gar nicht. Akzeptiere niemals Kompromisse.
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